Kim hat wegen Corona seinen Mountainbikepark verkaufen müssen und ist mit seiner Familie kaum über die Runden gekommen. Als er mich um 7:30h am Guesthouse abholt, weiß ich sofort, dass wir (Ulla und ich) vor 5 Jahren ihn schon einmal gebucht haben (sunset tour). Er freut sich offensichtlich, als ich ihm sein Konterfei auf meinem Reisetagebuch präsentiere
Wenn immer es möglich ist, frage ich local people nach ihrer Zufriedenheit mit ihrem Staat, ihrer Regierung. In Kambodscha habe ich noch keinen Menschen gesprochen, der auch nur andeutungsweise Zufriedenheit oder wenigstens Zuversicht ausgestrahlt hätte. Kim ist da keine Ausnahme: er lässt kein gutes Haar am König und dessen Marionetten (Cambodian People’s Party). Einheitspartei mit nominell mehreren Gegenparteien. Tatsächlich gäbe es eine einzige Oppositionspartei, die bei den (manipulierten) Auszählungen aber immer ganz weit hinten lande. Korruption, Desinteresse am Wohlergehen der einfachen Leute, Stabilisierung des Status Quo durch bewusstes Dummhalten der Bevölkerung (Verknappung statt Förderung von Bildung und Erziehung), Ausverkauf des eigenen Landes an China, … Dies in Stichworten, was immer wieder aufploppt bei meinen Erkundigungen.
Erster Stopp ist Kim’s Kumpel’s Motorradwerkstatt, weil irgendeine Schraube an Kims TukTuk befestigt werden muss
Reisnudelmanufaktur ist dann tatsächlich der erste Tourpunkt.
Der trockene Reis wird eingeweicht, ausgepresst und so lange durchgeschlagen, bis ein Reismehlteig entsteht.
Dieser wird dann unter Zugabe von Hitze und Wasser durch ein Sieb gepresst (früher per Körpereinsatz, heute mit Maschinenkraft), so dass die dünnen Reisnudeln entstehen.
Die entstandenen Nudeln müssen abkühlen und werden aufwändig in mehreren Bädern gewässert
Anschließend werden sie händisch aus dem Wasser gefischt und in Bündeln abgelegt.
Die fertigen Nudeln müssen spätestens einen Tag nach der Herstellung auf dem lokalen Markt verkauft werden. Der größte Teil der täglichen Produktion läuft auf Vorbestellung (von Restaurants/Garküchen, etc)
water pot manufacture
In vielen, ländlichen Gebieten Kambodschas gibt es keine Wasserversorgung, so dass die Menschen trinkbares Wasser herbeischaffen und sammeln müssen. Dafür benötigt jede Familie mehrerer solcher Gefäße, deren Herstellung ich heute beobachten kann
Größe und Form der Gefäße wird von einem Gerüst aus Holzbrettern vorgegeben, auf das eine dünne Tonschicht aufgetragen wird. Nach dem Trocknen wird der Tontopf mit einer Art Gazetücher beklebt.
Zwischen den einzelnen Arbeitsschritten muss das Gefäß meist ruhen zum Trocknen, Aushärten, …
Es folgt der eigentliche Prozess der Herstellung: es wird Beton angerührt, rund um den Dummy in Portionen auf dem Boden verteilt. Dieser Beton wird nun hoch- und glattgezogen. Nun wird sowohl die Holzlehre als auch die Tonschicht herausgeklopft bzw. -gebrochen. Dann wird der „Deckel“ mit der großen lippigen Öffnung aus Beton aufgebaut und glattgezogen.
Es handelt sich um einen Familienbetrieb. Alle Kinder helfen (wenn sie nicht in der Schule sind) mit. Die ganz kleinen sind auch ständig anwesend – und müssen manchmal vom großen Bruder getröstet werden.
Ein Betonwassertopf wiegt gut 100 kg. Das Verladen und der Transport auf dem vom Motorrad gezogenen Anhänger ist reine Routine
muslimische Rinderwurstproduktion
Kim kauft hier regelmäßig für seinen Vater Rindswurst ein, weil sie einfach köstlich ist.
Eine der beiden Frauen säubert und bereitet die Naturdärme zum Befüllen vor, während die andere mit der Zubereitung und dem Würzen der Füllung beschäftigt ist
Die Fliegen wären kein Problem, sagt Kim, man wäre dran gewöhnt und würde vor dem Verzehr gut säubern – der Hahn auf dem Wurstregal ist den Leuten auch Wurst
Trockenfisch
Nachhaltige Fischverwertung
Der Fisch wird in der Trommel geschuppt, die Schuppen, werden getrocknet, geröstet, gewürzt und zum Kochen verwendet. Der Fisch wird zerlegt und selbst der Kopf wird zu Tierfutter weiter verarbeitet
Zwischenspiel
Hauchdünne Reiswaffeln mit Kokosmilch
Zwischenspiel
Sticky Rice togo nachhaltig
Diese Zwischenmahlzeit ist wohl in ganz Südostasien am Straßenrand erhältlich. Den aufwändigen Herstellungsprozess hätte ich niemals erwartet:
Bambus fällen, die Rohre mit dem passenden Durchmesser an der richtigen Stelle (das Rohr muss auf einem Drittel der Länge geschlossen sein) auf die richtige Länge kürzen, Sticky Rice dampfgaren, würzen, mit schwarzen Bohne versetzen, pressen, in das BambusRohr füllen, das befüllte Rohr in einem Glutbett ca. eineinhalb Stunden erhitzen, dabei mehrmals wenden und am Ende das Bambusrohr bis auf eine dünne Schicht schälen, damit der Käufer durch streifenweises Abziehen der letzten Schicht den klebrigen Reis freilegen und genießen kann. Ist der Hunger gestillt, wird das restliche Rohr einfach weggepackt – bis zum nächsten kleinen Hunger.
Sliced Banana
Reife Bananen werden – in hochdünne Scheiben geschnitten – in der Sonne getrocknet. Wird gerne als Begleitung zum Fleischgerichten gegessen
Cambodian cheese
Es stinkt zum Himmel, aber die Luxusvariante (aus purem Fischfleisch) wird ausschließlich exportiert. Die einfache Variante, bei der auch zermahlene Gräten, etc verarbeitet werden, wird im Lande konsumiert.
Fisch wird in Salz gepökelt mehrere Monate in Tonnen aufbewahrt – und dann angeblich gegessen
Das Pökelsalz stammt aus Kampot
Rice Paper
Vor allem für die Herstellung von Frühlingsrollen wird Reispapier benötigt
Dank Kim werde ich auf allen Stationen mit offenen Armen empfangen. Kim kann nicht nur sehr lebendig erzählen und erklären, er begegnet all den Menschen mit einer offensichtlichen Herzlichkeit und mit Respekt.
Morgen ist Ruhetag und übermorgen geht’s nach SiemReap
Hallo Wolfgang,
die aufwendige Herstellung der verschiedenen Nahrungsmittel und auch die mühselige Herstellung der Wasserbehälter usw. kann man sich wirklich kaum vorstellen.
Keine oder kaum irgendwelche Maschinen zur Unterstützung.
Von der hygienischen Zubereitung ganz zu schweigen.
Sind die Menschen so abgehärtet?
Die Fotos sind alle schön, aber mit dem Hahn auf den Rinderwürstchen ist mein Favorit.
L.G Jutta