Um 8:00 h laufen Simon (65) und ich an der Finca Mystica los. Ich habe allen Ballast aus meinem Rucksack entfernt (Kamera, Fernglas, Powerbank, Insektenschutz, …), stattdessen aber zweieinhalb l Wasser, Bananen, ein Sandwich und ein Tshirt zum Wechseln auf dem Rücken.
Wir queren rd. 40 Minuten am Fuße des Vulkans, passieren Bohnen- und Maisfelder, sehen und hören eine Horde Brüllaffen und eine richtig fette Kröte und folgen dann der Wasserleitung in den Berg hinein. Diese Leitung – überirdisch verlegt – versorgt den gesamten Ort Merida mit Trinkwasser aus einer Quelle weiter oben am Berg. Solange wir dieser Leitung folgen, ist alles im grünen Bereich: es geht stetig bergauf, der schmale Pfad ist rutschig und mit Felsen verblockt, aber ich bin frisch und guter Dinge.
Dann plötzlich biegt Simon nach rechts ab ohne dass ein Weg zu erkennen wäre. Es wird deutlich steiler, der Pfad windet sich den Berg hinauf – gut wenn ich rechts oder links einen dünnen Baumstamm zu fassen kriege, um meine Knie und Beine ein wenig zu entlasten. Es ist so anstrengend, dass mir der Weg zum Wasserfall vorgestern wie ein Strandspaziergang vorkommt.
Wir sind bereits zweieinhalb Stunden unterwegs, als Simon eine Trinkpause mit der Info beendet: bisher war der Weg flach, jetzt wird es steil!!
Und so ist es dann auch. Wir klettern, kriechen über und unter umgefallenen Baumstämmen den Berg hinauf. Mal stoße ich mir den Kopf, ab und zu muss ich meinen Rucksack abnehmen, weil ich sonst beim Kriechen an irgendwelchen Astansätzen hängen bleibe. Ab 1000 m hängen die Wolken im Wald, die Äste und Zweige sind dick bemoost, alles ist nass.
Simon sieht natürlich wie ich mich quäle, er versucht mich zum Umkehren zu überreden: noch mindestens 40 Minuten Quälerei und man sieht sowieso nichts oben, weil die Wolken so dicht sind.
Aber ich bin voller Adrenalin und so kurz vor dem Ziel gebe ich nicht auf!
Nach exakt 4 Stunden sind wir tatsächlich on Top. Es geht ein scharfer Wind, ich friere und man sieht natürlich nichts vom Krater und vom Kratersee.
Wir ruhen uns eine halbe Stunde windgeschützt auf dem Boden sitzend aus, ich esse zwei Bananen und dann kommt das böse Erwachen: ich komme kaum wieder hoch und schon bei den ersten Abwärtskraxeleien zeigt sich, dass ich kaum noch Kraft habe, ein paar Mal rutsche ich aus, nicht nur einmal lande ich auf dem Allerwertesten und einmal verstauche ich mir beim Abstützversuch den rechten Ringfinger. Mit jedem Sturz wird meine Unsicherheit und Angst noch größer – ich schleppe mich letztendlich den Berg runter und bin froh, dass ich ohne größere Verletzung nach 8 Stunden und 20 Minuten (1300 Höhenmeter rauf – 1300 Höhenmeter runter) wieder auf der Terrasse der Finca Mystica angekommen bin.
Lieber Wolfgang, nach diesem strapaziösen Ausflug auf den Vulkan hast Du es verdient als nächstes die schönste Stadt Nicaraguas kennenzulernen. Wir haben Granada wirklich zu ruhigen Zeit 2002 kennengelernt und am schönen Park Zentral uns das teure Hotel Alhambra gegönnt. Ich wünsche dir schöne Erlebnisse und Begegnungen in Granada und du wirst sicher auch wieder ein wunderbares „Biotop Mystica“ finden . Außerdem wird dir der Aufstieg auf den Vulkan Mombacho keine große Mühe bereiten , aber wenn du Glück hast eine grandiose Aussicht . Ganz liebe Grüße Rainer