Wie vermutet geht auch an der Grenze zu Myanmar und China die Sonne im Westen unter. Diesen, im sich über die löchrige Piste im Schneckentempo quälenden Minivan zu genießen, ist aber nicht möglich. Für die rd. 145 Kilometer von Nong Khiaw nach Luang Namtha braucht der Minivan siebeneinhalb Stunden (45 Minuten Pause eingerechnet) – man kann sich den Zustand der Straßen vorstellen. Ständig wollen LKWs auf der kurvenreichen und steilen Piste überholt werden. Die tiefen Löcher im Belag, wenn er nicht vollständig weggespült ist, veranlassen die Fahrer aller Fahrzeuge zu chaotischen, unberechenbaren Fahr- und Bremsmanövern. Während der letzten Stunde unterwegs übergibt sich die junge Laotin neben mir bis sie völlig erschöpft ist.
Mit total abgerockten aber brauchbaren Mountainbikes fahren wir heute die paar Kilometer zum Wasserfall in einem Nebental des Namtha Flusses. Es scheint ein beliebtes (Nah-)Erholungsgebiet bzw. Ausflugsziel zu sein, denn es sind viele einheimische Menschen aber auch Touristen dort, um im Schatten auf verschiedenen Terrassen mit Bewirtung zu sitzen und es sich gut gehen zu lassen.
Der Wasserfall ist – zumindest jetzt in der Trockenzeit – vollkommen unspektakulär, trotzdem wollen alle (jungen) Leute die von Facebook und Insta hinreichend bekannten Selfies mit ihm als Hintergrund machen. Das ist das eigentliche Spektakel – zu beobachten, wie -zig junge Menschen wie von Geisterhand gelenkt zu denselben Spots schlendern bzw. klettern oder eiern, um dort mit immer denselben Posen und Grimassen dem Zeitgeist hinterher zu hecheln.
Nachdem ich Phim habe überreden können, den Steilanstieg zur Hängebrücke oberhalb des Wasserfalls in Angriff zu nehmen und weiter auf einem frisch angelegten Pfad in das Naturschutzgebiet einzudringen, sind wir dort vollkommen alleine.
In der vergangenen Nacht hatte es bereits einen heftigen, tropenpischen Regen gegeben. Auch heute auf der Rückfahrt kündigt er sich am Himmel an, wartet aber gnädig, bis wir ein Dach über dem Kopf haben.