Antizyklisch reisen – von Santa Elena nach La Fortuna

Der Jeep ist auf die Minute pünktlich und entpuppt sich als mittelgroßer Bus. Ich sei der einzige Fahrgast zum See, erklärt mir der freundliche Fahrer, Manuel, aber 14 Touristen würde er vom See zurück bringen nach Santa Elena.


Es regnet ohne Unterlass und die Wolken hängen so tief, dass die Sicht auf ca. 30 Meter begrenzt ist.


Die Busfahrt dauert insgesamt rd. 90 Minuten – weil wir viel zu früh sind, gibt es eine Kaffeepause unterwegs in vorweihnachtlicher Atmosphäre. Im zweiten Teil der Strecke geht es steil ins Tal zum See hinunter und die Piste ist so schmal und voller Schlaglöcher, dass ich mir gewünscht hätte in einem Jeep zu sitzen.
Unten am See (in rd. 650 Meter) setzt Manuel das Riesenfahrzeug rückwärts in einen vermatschten Waldweg. Zwei andere Kleinbusse stehen dort schon und es kommen noch 8 weitere dazu. Nach und nach treffen nacheinander (für mich nicht sichtbar – ich glaub, ich steh im Wald!) drei Boote ein und spucken immer wieder Touristen aus, die wie von Geisterhand gelenkt mit ihren Rucksäcken bzw. Rollkoffern (ein Bild für die Götter, die 20kg Hartschalenrollkoffer tief im Morast) das auf sie wartende Fahrzeug finden.
Ich habe mir fest vorgenommen, Manuel zu vertrauen, werde aber doch allmählich nervös, weil ein Bus nach dem anderen den Waldweg Richtung Santa Elena verlässt.
Als alle anderen Fahrzeuge verschwunden sind, fährt Manuel seinen Bus die letzten 30 Meter rückwärts zur Anlegestelle, und tatsächlich liegt dort noch ein kleines Boot, das die Plastikfronttür für mich öffnet. Es ist gut gefüllt, ich schicke eine lautes Hola in die Runde, steige über im Gang gelagerte Rucksäcke und Hartschalenrollkoffer hinweg und lasse mich auf einem freien Platz nieder.
Die lenkende Geisterhand in Form von Manuel ruft nun die Hotels, die er anfahren wird, der Reihe nach auf, die sich identifizierenden Touristen nehmen ihre Rucksäcke und Hartschalenrollkoffer und machen sich auf den Weg zu Manuels Bus, so dass die, die zuletzt aussteigen werden, ganz hinten sitzen …
Überraschenderweise bin ich bei der rd. 40minütigen Fahrt über den See (bei Nieselregen und starkem Wind) der einzige Fahrgast.

Außer mir gibt es an Bord den Bootsführer und den Busfahrer, der mich in gut 30 Minuten zu meinem AirBnB bringt. Was mich nun nicht mehr verwundert: im Bus bin ich der einzige Fahrgast …

1 Gedanke zu „Antizyklisch reisen – von Santa Elena nach La Fortuna“

  1. Hi Wolfgang,
    bin jetzt erst dazu gekommen deinen Reisebericht zu Costa Rica anzusehen. Rentner haben ja keine Zeit. Wie immer sind die Fotos tief beeindruckend und auf jeden Fall sehr gelungen (trotz deiner „Mäkelei“ wegen Handyfotos. Auch deine Eindrücke sehr interessant. Demnächst mehr von mir, wenn ich Nicaragua in Angriff genommen habe.
    Liebe Grüße
    Manfred

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